Und jetzt holen mal alle ihr Smartphone raus

Ob Schüler oder Student, ob im Klassenraum oder im Hörsaal –  das Smartphone ist immer dabei. Zum Einsatz – im Rahmen des Unterrichts oder im Seminar – kommt es in der Regel aber kaum. Vielleicht dürfen die Schüler mal was googeln oder Texte werden per Email verschickt.  Mehr nicht. „Das didaktische Potenzial wird nicht genutzt“, findet Fritjof Kollmann. Aber für den Doktoranden und wissenschaftlichen Mitarbeiter des  Zentrums für ökonomische Bildung in Siegen (ZöBiS) ist es nur eine Frage der Zeit, bis mobile Endgeräte im Unterricht eine ganz andere Rolle spielen werden.

Kollmann hat selbst Wirtschaftswissenschaften und Informatik auf Lehramt studiert. Das Thema E-Learning beschäftigt ihn schon lange. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ZöBiS stellten sich die Frage, warum die technischen Möglichkeiten der mobilen Endgeräte nicht stärker im Unterricht genutzt werden. „Schülern eine pdf-Datei zu geben, die sie auf dem Tablet-Computer lesen statt ihnen wie früher eine papierbasierte Version in die Hand zu drücken, kann nicht der Fortschritt sein“, sagt Kollmann und klappt seinen Laptop auf, um zu demonstrieren, wie er sich die Zukunft des Unterrichts vorstellt. „Wir sollten die technischen Möglichkeiten nutzen und Interaktivität herstellen, nicht einfach nur das Medium wechseln.“ Statt einer multimedialen Präsentation von Lernmaterial, sollen sich die Schüler und Studierenden aktiv mit den Inhalten auseinandersetzen.

Dazu hat Kollmann den webbasierte Editor MTED entwickelt, mit dem jeder interaktive Aufgaben selbst erstellen kann. Jeder? Also auch der Geschichtslehrer im dreißigsten Berufsjahr ohne besondere Informatikkenntnisse? „Ja, auch der“, versichert Kollmann.  „Mit Hilfe von fertigen Bausteinen können ganze Lerneinheiten erstellt werden und das ohne Programmierfähigkeiten.“  Das Baustein-System des MTED Editors ist für viele Fächer einsetzbar und der Nutzer wird Schritt für Schritt angeleitet.  Die Software ist frei zugänglich für Lehrende und Studierende verfügbar (http://www.mted.de).

Die Software wird schon in der Lehre an mehreren Universitäten eingesetzt und wurde umfassend evaluiert. Kollmann hat sein System unter anderem im Seminar „Lernen an mobilen Endgeräten“ mit Studierenden getestet. Beispielsweise bearbeiten die Seminarteilnehmer eine Fragestellung über ein Freitextfeld auf ihrem Smartphone. Die Texteingaben der Studierenden können direkt in der PowerPoint Präsentation angezeigt werden. „Die Studierenden werden aktiviert und ihre Leistungen werden sichtbar. Die Seminarteilnehmer haben ein großes Interesse daran eine unmittelbare Rückmeldung zu erhalten“, beschreibt Kollmann als zentrale Vorteile. Aber MTED wird auch in großen Lehrveranstaltungen eingesetzt. In einer wirtschaftswissenschaftlichen Vorlesung mit mehr als 300 Teilnehmern wurde mit MTED eine Börsensimulation durchgeführt. Was gerade noch vom Dozenten theoretisch vermittelt wird, kann im nächsten Augenblick praktisch angewendet werden.

Wie man mit dem Editor MTED interaktive Lernaufgaben selbst erstellt, hat Kollmann ebenfalls mit Lehramtsstudierenden in einem Seminar erprobt. „Dabei hat sich gezeigt, dass auch diejenigen, die sich im Bereich Informatik nicht zu Hause fühlen, mit dem Baustein-System umfangreiche Aufgaben erstellen können. Die Studierenden erlernen schnell den Umgang mit dem MTED Editor und können ihre eigenen Ideen umsetzen.“ Der Doktorand ist sich sicher, dass die Anforderungen an Lehrer wachsen werden. „Dazu wird die Fähigkeit gehören,  Inhalte für digitale Geräte zu erstellen, und der Editor MTED ist dafür ein hilfreiches Werkzeug.“

Sabine Nitz

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